Muskelaufbau im Schlaf: Wie wir mit Schlaf unsere Leistung beim Sport steigern

Wer beim Sport erfolgreich sein möchte, braucht ausreichend Schlaf. Sieben bis acht Stunden pro Tag benötigen die meisten Deutschen. Das klappt nicht immer. Doch das Gute ist: Schlaf können wir nachholen. Ein Gespräch mit Schlafmediziner Dr. Michael Feld.

Muskelaufbau im Schlaf: Machen wir keinen Sport direkt vor dem Schlafen, schlafen wir gut und steigern unsere Leistung.

Von Tillmann Becker-Wahl, Illustration: Oona

Wenn wir ständig zu wenig schlafen, fühlen wir uns müde, ausgelaugt und schwach. Das merken wir auch beim Sport. Dass Schlaf unsere Leistung steigern kann, weiß auch Fußballprofi Cristiano Ronaldo. Er hat für sich einen ganz eigenen Schlafrhythmus entwickelt. Doch wie viel Schlaf brauchen wir eigentlich, kann Schlaf wirklich unsere Leistung beim Sport steigern – und ist Cristiano Ronaldos Schlafmethode vielleicht eine für uns alle? Der Schlafmediziner Dr. Michael Feld klärt auf.

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Was alles in unserem Körper passiert, wenn wir schlafen, ist noch immer nicht gänzlich geklärt. Seit Dutzenden Jahren untersuchen Forscherinnen und Forscher den schlafenden Menschen. Klar ist: Damit unser Gehirn leistungsfähig ist, braucht es Schlaf. „Während unser Körper in der Theorie auch über einen längeren Zeitraum nur Ruhephasen zur Erholung bräuchte, muss unser Gehirn einmal am Tag wirklich mehrere Stunden offline sein“, erklärt Dr. Michael Feld.

Feld ist Schlafmediziner in Frechen bei Köln. Als Experte beschäftigt er sich seit vielen Jahren mit Schlafstörungen, ihren Ursachen und wie wir gesund schlafen. „Damit sich das menschliche Gehirn richtig ausruhen kann, braucht es Schlaf. Nur dann kann es die Sinne abschalten“, sagt der Mediziner.

Wie viel Schlaf brauchen wir?

Doch wie viel Schlaf ist eigentlich ausreichend? Ganz pauschal könne man diese Frage nicht beantworten. „70 bis 80 Prozent der Deutschen benötigen sieben bis acht Stunden Schlaf pro Nacht“, sagt Feld. Allerdings: „Etwa zehn Prozent brauchen nur fünf bis sechs und nochmal genauso viele gar neun bis zehn Stunden Schlaf.“

Die Realität jedoch sieht anders aus: Der durchschnittliche Deutsche schläft ziemlich genau 6:50 Stunden – und liegt damit unter dem eigentlichen Normwert seines Körpers. „Menschen, die deutlich unter sechs Stunden schlafen, sind oftmals Spitzenmanager und Spitzenpolitiker“, sagt Schlafmediziner Feld. „Jemand, der acht Stunden Schlaf braucht, hält diese Belastung auf Dauer nicht durch – und arbeitet meist genau deswegen nicht in solchen Positionen.“

Welcher Schlaftyp wir nun sind, wissen viele von uns allerdings selbst nicht genau. Vielmehr: In einer normalen Arbeitswoche ist es gar nicht so einfach herauszufinden, wie viele Stunden Schlaf wir benötigen. „Oft haben wir unter der Woche nicht die Zeit, jede Nacht so lang zu schlafen wie wir eigentlich müssten“, sagt Michael Feld. Stattdessen hilft es, im Urlaub auf seinen Körper zu hören: „Wachen wir dort jeden Tag nach etwa acht Stunden Schlaf auf, dann ist das genau die Zeit, die wir brauchen“, erklärt der Experte.

Wie gut wir in der Zeit allerdings schlafen, hängt nicht nur von der Dauer ab. Auch die Schlafqualität spielt eine entscheidende Rolle. Wichtig sind vor allem die Tiefschlaf- und die Traumschlaf (REM)-Phasen. Beide machen im Durchschnitt im besten Fall jeweils 20 Prozent unseres Schlafs aus.

Können wir Schlaf nachholen?

Das Gute ist: Bis zu einem bestimmten Maß können wir verpassten Schlaf sogar nachholen – beispielsweise am Wochenende. „Ein Schlafdefizit von einer Stunde pro Tag können wir am Wochenende meist wieder gut reinholen“, sagt Schlafmediziner Feld. „Schlafen wir aber unter der Woche jede Nacht nur vier Stunden und bräuchten eigentlich acht, dann wird das Nachholen natürlich schwer.“

Noch viel schwerer hingegen ist das Vorschlafen. Sich in gewisser Weise ein Schlafkonto vor stressigen Arbeitstagen oder langen Reisen aufzubauen, ist fast unmöglich. Der einfache Grund: Wenn wir früher als gewohnt ins Bett gehen, ist unser Körper meist noch nicht bereit, schlafen zu gehen – es hat sich noch nicht genug „Schlafdruck" aufgebaut. Manchmal kommen wir dann gar in einen Teufelskreis.

Dann nämlich machen wir uns immer stärkere Gedanken, warum wir gerade nicht einschlafen können, obwohl wir doch schlafen wollen – und kommen so nicht zur Ruhe. Passiert das nur hin und wieder, leiden wir selbstverständlich noch nicht unter Schlafstörungen. Vielmehr sei es ganz normal, dass wir mal nicht einschlafen können. Einen pauschalen Trick, mit dem wir garantiert einschlafen, gibt es jedoch nicht. „Ich wüsste ihn aber auch gerne“, sagt Michael Feld und schmunzelt.

Unser Körper muss herunterfahren: Sport direkt vor dem Schlafen meiden

Trotzdem gibt es ein paar allgemeine Tipps, wie wir unseren Schlaf verbessern und das Einschlafen unterstützen können. Das Stichwort: die richtige Schlafhygiene. Unser Schlafzimmer sollte dunkel, leise und kühl sein. Die ideale Temperatur zum Schlafen liegt zwischen 18 und 22 Grad.

Zudem muss unser Körper etwa eine Stunde vor dem Schlafengehen herunterfahren. Konkret heißt das: Bildschirme, Handys und körperliche Anstrengung meiden. „Zwischen Sport und dem Zubettgehen sollte mindestens eine Stunde Puffer liegen“, sagt der Kölner Experte. Das ist vor allem für viele Hobbysportlerinnen und Freizeitsportler oft ein Problem.

Viele Trainingseinheiten nämlich liegen am Abend – bekanntlich dann, wenn wir aus dem Büro zurück nach Hause gekommen sind. Das kann nicht nur das Einschlafen erschweren, sondern verhindert meist auch ein perfektes Training. Das zweite Leistungshoch der meisten Menschen liegt nämlich zwischen 17 und 19 Uhr, das erste vormittags zwischen 10 und 12 Uhr.

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Schlaf als natürliches Dopingmittel: mit Schlaf zu mehr Leistung

Auch wenn Sport also direkt vor dem Einschlafen schadet – prinzipiell sind Sport und Schlafen eine gute Kombination. Zum einen fördert Sport – zur richtigen Tageszeit – unseren Schlaf. Zum anderen macht Schlaf uns leistungsfähiger: nicht nur im Beruf, sondern eben auch auf dem Sportplatz.

Schlaf können wir nachholen und mit Schlaf unsere Leistung beim Sport steigern, sagt Dr. Michael Feld.
Schlafmediziner Dr. Michael Feld erklärt, wie Schlaf unsere Leistung beim Sport steigert. Foto: Uwe Schmitz, Köln.

Das weiß auch Fußballprofi Cristiano Ronaldo. Gemeinsam mit seinen Medizinern hat er eine auf ihn abgestimmte Schlafmethode entwickelt. Fünfmal am Tag soll er jeweils 90 Minuten lang schlafen. In der Fachsprache heißt das polyphasischer Schlaf. „Wahrscheinlich wird Cristiano Ronaldo das nicht immer machen“, glaubt Schlafmediziner Feld. „Aufgrund der Spiele, der Trainingseinheiten und anderen Verpflichtungen ist das gar nicht möglich.“ Trotzdem habe diese Methode speziell für Ronaldo vermutlich einen Sinn: um eben auf dem Fußballplatz noch ein paar Prozentpunkte leistungsfähiger zu sein.

Für die meisten anderen Menschen ist die Schlafmethode von Cristiano Ronaldo eher nicht geeignet“, sagt Michael Feld. Denn letztlich ist unser Schlaf auch ein Teil der sozialen Taktung. Wer fünfmal über den Tag verteilt schläft, lebt anders als sein Umfeld. Auf Dauer funktioniert das nicht. „Innerhalb einer Gruppe, in der alle polyphasisch schlafen, kann diese Methode für bestimmte Schlaftypen und für einen bestimmten Zeitraum aber dennoch sinnvoll sein“, ergänzt der Mediziner.

Warum wir beim Schlaf Muskeln aufbauen

Trotzdem gilt: Wer beim Sport erfolgreich sein möchte, braucht Schlaf. Bei diesem nämlich erholt sich unser Gehirn nicht nur, sondern lernt auch dazu. Mit Schlaf fordern, fördern und stärken wir unter anderem unser motorisches Gedächtnis. Schlaf kann also dabei helfen, unsere Schläge auf dem Tennisplatz oder unsere Schüsse beim Fußball zu verbessern. Zudem prägen wir uns beim Schlafen taktische Spielzüge besser ein. Die Folge: Wir werden insgesamt bessere Sportlerinnen und Sportler.

Auch unsere Muskeln wachsen, wenn wir schlafen. Während wir tagsüber beispielsweise im Fitnessstudio trainieren, setzen wir unsere Muskulatur verschiedenen Reizen aus. „Das registriert unser Körper beim Schlafen – und reagiert darauf“, erklärt Michael Feld. „Vereinfacht gesagt bedeutet das: Die Muskulatur sagt diesen im Training gesetzten Reizen, letztlich sind es kleine Verletzungen, im Schlaf den Kampf an.“ Damit die Muskeln in Zukunft für diese Reize gewappnet und gestärkt sind, wachsen sie im Schlaf.

Obwohl unser Schlaf über unsere sportliche Leistungsfähigkeit entscheidet, schlafen gerade Leistungssportler oftmals schlecht. Und das hat verschiedene Gründe: Zum einen trainieren und spielen Profisportler zu verschiedenen Zeiten – manchmal eben auch spät am Abend, kurz bevor sie ins Bett gehen. Zum anderen überbelasten sich manche Spitzensportler, haben Stress oder sind vor Wettkämpfen sehr aufgeregt.

„In solchen Situationen greifen manche Leistungssportler zu Schlaftabletten“, weiß der Experte. Gesund ist das nicht. Sind Hobbysportlerinnen und -sportler vor Turnieren aufgeregt, helfen oft auch freiverkäufliche Mittel wie Melatonin, Hopfen oder Melisse. Doch Michael Feld warnt: „Länger als vier Wochen am Stück sollten auch diese Produkte nicht eingenommen werden, damit sich eine Schlafstörung nicht chronifiziert.

Wer also gut schläft, steigert die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit. Aber das ist nicht alles. Auch unsere Gesundheit stärken wir, wenn wir ausreichend schlafen. „Für unser Immunsystem sind vor allem die ersten drei Stunden Schlaf wichtig“, sagt Schlafmediziner Feld. In dieser Tiefschlafphase baut unser Körper seine Immunzellen auf. Und genau die brauchen wir, um Viren und Bakterien zu bekämpfen, die unseren Körper angreifen.

Tipps für das richtige Essen vor dem Schlafen

Damit wir erholsam schlafen, hilft es neben der richtigen Schlafhygiene, am Abend auch angemessen zu essen. Grundsätzlich sollten wir das natürlich nicht erst kurz vor dem Schlafengehen tun. „Auch hier gilt: Am besten halten wir mindestens eine Stunde Abstand zwischen dem Essen und dem Schlafen ein“, erklärt der Kölner Experte. Allerdings entscheidet über unsere Schlafqualität nicht nur wann, sondern auch was wir essen.

Generell sollten wir vermeiden, abends zu fett, zu scharf oder zu viel zu essen. Zu viele Kalorien und zu viel Zucker schaden unserem Schlaf. Stattdessen gibt Schlafmediziner Feld folgende Tipps: „Am Abend sollten wir leichter essen und auf Rohkost verzichten.“ Essen wir stattdessen eiweißreich, dann fördern wir noch einmal zusätzlich den Aufbau unserer Muskulatur beim Schlafen. „Lebensmittel, die diese Kriterien erfüllen, sind echtes Sleep-Food.“

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