Beach Tennis: Darum kann die Trendsportart mehr sein als eine Modeerscheinung

Auch wenn wir keinen Strand vor unserer Tür haben: Beach Tennis können wir auch in unseren Städten spielen, sagt Beach-Tennis-Weltmeisterin Maraike Biglmaier im Interview. Denn mit der Beliebtheit des Sports wächst auch das Angebot an Anlagen und Plätzen.

Darum ist Beach Tennis die Trendsportart am Strand von Italien

Von Tillmann Becker-Wahl, Illustration: Oona

Für eine Partie Tennis braucht es nicht immer den Center Court. Stattdessen reichen auch zwei Beach-Tennis-Schläger, ein druckloser Tennisball und ein Beachvolleyballplatz. Denn mehr benötigt es nicht für Beach Tennis, der Tennisalternative mit italienischen Wurzeln. Mittlerweile gewinnt die unter Beachvolleyball-Bedingungen gespielte Tennisvariante auch in Deutschland an immer größerer Beliebtheit. Auch, weil immer mehr Beach-Tennis-Plätze entstehen – dafür ebnen besonders die ersten traditionellen Vereine den Weg. Doch was macht Beach Tennis eigentlich so besonders? Gemeinsam mit Maraike Biglmaier, deutsche Beach-Tennis-Weltmeisterin, sind wir den Spuren in Italien gefolgt.

In dünnen Netzen hängen sie in den Eingängen der Supermärkte und Kioske, nur wenige Meter vom Strand entfernt: das Beach-Tennis-Set für den Sommerurlauber. Vielmehr als eine dünne, ovale Holzplatte und ein meist orange-roter Plastikball umfasst dieses Starterpaket nicht. Doch für den Spaß am Strand mit meist selbst erfundenen Regeln scheint das perfekt. Und das ist nicht zu überhören: Klack, klack – alle paar Meter spielen sich Urlauber und Einheimische auf dem brennend-heißen Sand die Bälle hin und her. An professionellen Leistungssport erinnert dieses Strandtennis nicht. Doch es geht auch anders.

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„Dass ich heute professionell Beach Tennis spiele, ist reiner Zufall“, sagt Maraike Biglmaier. Die Berlinerin ist Deutschlands erfolgreichste Beach-Tennis-Spielerin – und fällt vermutlich aus dem Raster der bislang klassischen Beach-Tennis-Szene. Seinen Ursprung nämlich hat professionelles Beach Tennis in Italien.

In Ravenna an der Adria-Küste entstanden in den 1970er- und 1980er-Jahren die ersten Beachfelder. Zu Beginn spielten die Einheimischen dort vor allem Volleyball. Schnell jedoch funktionierte die Jugend den Volleyballplatz um: Mit ihren Holzschlägern veranstalteten die Kinder und Jugendlichen dort ihre eigenen Beachball-Meisterschaften. So entstand auch bei den Erwachsenen die Idee, ein professionelles Beach-Tennis-Turnier zu veranstalten.

Geschichte des Beach Tennis: Erste Beach-Tennis-Turniere finden in Italien statt

„Sobald die Kinder laufen können, bekommen sie hier in der Region Emilia Romagna einen Beach-Tennis-Schläger in die Hand gedrückt“, sagt Maraike Biglmaier. Der Ursprungsort des Beach Tennis beherbergt nach Brasilien noch immer die größte Beach-Tennis-Szene der Welt. 1978 fand in Ravenna ein erstes Tennisturnier am Sandstrand statt.

An heutiges, professionelles Beach Tennis erinnerte dieses Turnier jedoch nur wenig. Gezählt wurde wie beim Volleyball. Statt zu Beach-Tennis-Schlägern griffen die Spielerinnen und Spieler zu Tamburin-ähnlichen Schlägern. Das änderte sich ein paar Jahre später.

Als 1988 das erste offizielle Beach-Tennis-Turnier am Strand von Grado, einer italienischen Stadt am äußersten Ende des Golfs von Venedig, stattfand, spielten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit herkömmlichen Tennisschlägern. Das änderte sich lange Zeit nicht – vor allem nicht in Deutschland. 1998 nahm der Deutsche Tennis-Bund (DTB) die neue Trendsportart in sein Regelwerk auf. Um den Einstieg möglichst einfach zu gestalten, entschied sich der DTB, weiterhin zunächst auf klassische Tennisschläger zu setzen.

Schläger, Feld und Regeln: Das ist Beach Tennis

Heute haben die Schläger wenig mit klassischen Tennisschlägern zu tun – und unterscheiden sich auch maßgeblich von den Holzbrettern mit Griff, die es in den Supermärkten in der Nähe der Strände zu kaufen gibt. Nachdem die Spielerinnen und Spieler international sogenannte Paddles nutzten, zog auch der DTB nach und wechselte das Spielwerkzeug. Eigene Beach-Tennis-Schläger zu entwickeln, war jedenfalls die richtige Entscheidung.

Beach Tennis Weltmeisterin Maraike Biglmaier am Strand
Beach-Tennis-Weltmeisterin Maraike Biglmaier hechtet am Strand zum Ball. Foto: Biglmaier.

„Tennisschläger sind für das Beach Tennis viel zu lang“, erklärt Maraike Biglmaier. „Außerdem beschleunigen sie den Ball unglaublich schnell, der dann unkontrolliert durch die Luft fliegt. Mit einem Beach-Tennis-Schläger kann man den Ball sehr gut abwehren und defensiv spielen. Das ist mit einem Tennisschläger auf dem kleinen Spielfeld mit hohem Netz nicht möglich.“ Beach-Tennis-Schläger erinnern heute vielmehr an Schläger, die auch beim Padel-Tennis genutzt werden. „Allerdings“, sagt Biglmaier, „unterscheiden sich beide Schlägertypen grundsätzlich und sollten deshalb nicht verwechselt werden.“

Professionelle Beach-Tennis-Schläger bestehen aus Kunststoff und sind mit Kohlenstoff- oder Glasfasern verstärkt. Ein Griffband umwickelt den Griff. Insgesamt darf der Schläger nicht länger als 50 Zentimeter, nicht breiter als 26 Zentimeter und nicht dicker als 38 Millimeter sein. „Damit ist er länger und dünner als ein Padel-Schläger“, erklärt Maraike Biglmaier. Vor allem aber sind die Vibrationen ganz andere. Statt mit einem orange-roten Plastikball spielen die Profis zudem mit drucklosen Tennisbällen, die sogenannten Stage 2-Bälle. Im Vergleich zu traditionellen Tennisbällen ist bei diesen Bällen der Druck um 50 Prozent reduziert. Die Stage-Klassifizierung war ursprünglich dafür gedacht, Kindern den Einstieg ins Tennis zu erleichtern.

Der Beachvolleyball-Platz dient noch immer als Spielfeld

Nicht verändert hat sich hingegen der Platz. Noch immer wird der Sport heute auf Beachvolleyball-Plätzen gespielt: acht Meter breit und 16 Meter lang. Offiziell hängt das vergleichsweise engmaschigere Netz in 1,70 Meter Höhe. Vor der Corona-bedingten Zwangspause hängte die ITF in einer Testphase das Netz für die professionelle Herrenkonkurrenz zehn Zentimeter höher. „Am Ende nutzen wir beim Beach Tennis die gesamte Infrastruktur eines Beachvolleyball-Platzes“, sagt Biglmaier. „Für Kinder und Jugendliche kann das Netz aber auch etwas tiefer gehängt werden.“

Während bei den ersten Meisterschaften noch wie beim Beachvolleyball gezählt wurde, ist die Zählweise beim Beach Tennis heute identisch mit der des Tennis: 0-15-30-40-Spiel. Die Regeln: Berührt der Ball den Boden, fliegt ins Aus oder ins Netz, ist der Punkt vorbei. Die einzigen Unterschiede: Der Aufschläger hat – anders als beim klassischen Tennis – nur einen Aufschlag und kann den Ball ins ganze Feld spielen. Zudem wird der Aufschlag bei Netzberührung nicht wiederholt. Kommt es zum Einstand, entscheidet der nächste Punkt. Beach Tennis ist damit eine Mischung aus Tennis, Badminton und Volleyball – und wird immer beliebter.

Den anhaltenden Erfolg hat die Trendsportart auch der ITF zu verdanken. Im Jahr 2008 nahm der Tennisverband Beach Tennis in sein Regelwerk auf – und etablierte und professionalisierte die Strandsportart und ihre Turniere damit weltweit. Mittlerweile finden regelmäßig internationale Beach-Tennis-Turniere statt. Seit 2013 ist auch Maraike Biglmaier Spielerin auf der Profitour.

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Deutschlands erfolgreichste Beach-Tennis-Spielerin: Von Wimbledon zu den Meisterschaften am Strand

Zuvor gewann die Berlinerin in Kitzbühel im Jahr 2011 ihr erstes ITF-Turnier. In ihrer Jugend stand Maraike Biglmaier allerdings vor allem auf Asche-, Hart- und Rasenplätzen. Mit 17 Jahren erreichte sie Platz 38 der Tennis-Weltrangliste der Juniorinnen und stand in bei den Junioren Grand-Slams in Wimbledon, Paris und New York auf dem Platz. Kurz nach ihrem Debüt auf der WTA-Tour beendete allerdings eine heftige Verletzung Biglmaiers Profikarriere. Zum Beach Tennis brachte sie dann ein Freund.

In Brasilien herrscht ein echter Beach-Tennis-Hype.

Maraike Biglmaier

Damals studierte Maraike Biglmaier BWL und Jura in Österreich. Nebenbei trainierte sie zu dieser Zeit noch für die Tennis-Bundesliga als ein Tenniskollege sie einlud, doch einmal Beach Tennis auszuprobieren. Biglmaier war begeistert – und reiste anschließend für den Sport quer über den Erdball: von Barcelona, über Japan und Mauritius bis Brasilien. „In Brasilien herrscht ein echter Beach-Tennis-Hype“, erinnert sich Biglmaier. „Verdammt viele Menschen – von jung bis alt – spielen dort täglich am Strand.“ In Südamerika professionalisierte die Berlinerin ihr Spiel – mit Erfolg. Heute zählt sie zu einer der erfolgreichsten Beach-Tennis-Spielerinnen der Welt. Der Höhepunkt: 2019 gewann sie die Weltmeisterschaften in Italien. Zuvor führte sie schon in den Jahren 2015, 2016 und 2019 die Weltrangliste als Nummer eins an.

Zur Person: Das ist Maraike Biglmaier

Geboren am 27. Juli 1987, feierte Maraike Biglmaier 2011 In Kitzbühel ihren ersten ITF-Beach-Tennis-Turniersieg. Auf der Profitour der ITF spielt sie seit 2013. Kurz darauf, bereits 2015, war sie erstmals die Nummer eins der Weltrangliste. Nach mehreren Titeln bei diversen ITF-Turnieren folgte 2019 Maraike Biglmaiers größter Erfolg: der Titel bei den Beach-Tennis-Weltmeisterschaften in Italien.

Bevor Maraike Biglmaier erstmals auf dem Beach Tennisplatz stand, war die Berlinerin erfolgreiche Tennisspielerin. Mit 17 Jahren war sie die Nummer 38 der ITF-Juniorinnen-Weltrangliste, spielte unter anderem bei den Juniorinnen in bei Wimbledon, bei den French Open und bei den US Open. Nach ersten Erfolgen auf der WTA-Tour beendete eine langwierige Verletzung die Profikarriere von Maraike Biglmaier. Während ihres BWL- und Jurastudiums in Österreich entdeckte sie dann das Beach Tennis für sich. 2018 gründetet sie den ersten Beach Tennis Verein Deutschlands in Berlin, in dem sie auch oft selbst trainiert.

Beach Tennis Sieg: Maraike Biglmaier und ihre Partnerin gewinnen ein Match
Maraike Biglmaier und ihre Partnerin gewinnen bei den World Beach Games 2019 ihre Partie im Beach Tennis. Foto: Biglmaier.

Beach Tennis ist gesund und trainiert die Kondition

Das Beispiel von Maraike Biglmaier zeigt: Beach Tennis ist gesund. Denn während nach ihrer Verletzung die Schmerzen auf dem Tennisplatz immer wieder zurückkehrten, blieb die spätere Weltmeisterin beim Sport am Strand beschwerdefrei.

Darum eignet sich Beach Tennis auch für Tennisspieler

Deswegen eigne sich Beach Tennis auch für Tennisspielerinnen und -spieler, sagt die Weltmeisterin. „Beach Tennis schont den Körper – und trainiert langfristig die Kondition und Koordination“, erklärt Biglmaier. Sich auf Sand zu bewegen ist nämlich deutlich anstrengender als auf hartem Untergrund. Die Vorteile: Wer häufig Beach Tennis spielt, der wird auch auf dem normalen Tennisplatz schneller – und kann langfristig seine Reaktionszeit und Volleyspiel deutlich verbessern.

Direkt am Strand wohnen muss man dafür glücklicherweise nicht. „Die Beach-Tennis-Szene in Deutschland wächst. Und normale Beachvolleyball-Plätze gibt es hierzulande bereits reichlich“, sagt Weltmeisterin Biglmaier. Hinzukommt: Mittlerweile legen auch immer mehr traditionelle Tennisvereine Beach-Plätze an. Diese sind kostengünstig, einfach zu pflegen – und werden in vielen Fällen vom Landessportbund (LSB) und der Region finanziell gefördert. Für viele Vereine hat das einen Reiz: So passen auf die Fläche eines Tennisplatzes gleich bis zu drei Beach-Plätze. Die können die Mitglieder dann nicht nur zum Beach-Tennis spielen, sondern auch zum Beachvolleyball spielen, für Konditions- und Koordinations-Trainings oder für Beach-Partys nutzen.

Auch die ehemalige Nummer eins der Welt, Maraike Biglmaier, ist mittlerweile zurück in Deutschland – und trainiert in Berlin. Dort steht sie zwei- bis viermal die Woche auf dem Platz – und trainiert Einzel statt Doppel. „Dabei“, sagt Biglmaier, „kann ich einfach viel mehr Bälle schlagen und muss mich mehr bewegen.“

Bei Beach-Tennis-Turnieren spielt man Doppel

Bei Meisterschaften steht jedoch nicht das Einzel im Fokus. Stattdessen spielen die Profis Doppel und Mixed. „Das ist das Geniale“, findet die Berliner Weltmeisterin. „Denn egal ob du gewinnst oder verlierst: Du bist nicht allein. Sich mit seinem Partner gegenseitig zu pushen, macht diese Sportart so besonders.“ Auch deswegen spiele sie bei Turnieren lieber mit einem Partner.

Das alles, glaubt Biglmaier, mache Beach Tennis auch für Anfänger so interessant. Man brauche nur einen Ball und jeweils einen Schläger. „Die Einstiegshürden sind gering“, sagt die Berlinerin. Bei manchen Beachvolleyballanlagen kann das Beachtennis-Set zudem ausgeliehen werden. „Beach Tennis einmal auszuprobieren, bietet sich auf jeden Fall an“, verspricht Biglmaier. „Normales Tennis vermisse ich nur selten.“

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